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Kölner Polizei greift harmlose Reisende an

Kölner Polizei greift harmlose Reisende an — und sieht darin kein Problem.

Am Dienstagvormittag, den 4. Juni, griffen Kölner Polizeibeamte im Hauptbahnhof spontan zehn Reisende an. Die Polizei überwältigte die Männer, warf sie zu Boden und fixierte sie dort. Anschließend wurden die Reisenden auf eine Polizeiwache gebracht, wo sie von Beamt*innen des Staatsschutzes verhört wurden – sehr wahrscheinlich ohne anwaltlichen Beistand. Erst nach einer Stunde ließen die Beamt*innen von den Reisenden ab. Ein Ermittlungsverfahren gegen die jungen Männer leitete die Polizei nicht ein. Ihnen könne, so die Pressestelle der Sicherheitsbehörde, kein Strafvorwurf gemacht werden. Heißt übersetzt: Die Polizei hat die Männer willkürlich angegriffen, die Reisenden sind Opfer von Polizeigewalt. Für die Kölner Polizei kein Problem: Die Männer seien für den Polizeieinsatz gegen sie selbst verantwortlich. Schließlich hätten sie lange Gewänder und Westen getragen und ein Zeuge will gehört haben, wie sie „Allahu Akbar“ gerufen haben sollen. Warum das einen rund eine Stunde andauernden Angriff auf die jungen Männer begründet, erläutert die Polizei leider nicht.

Das Vorgehen der Polizei wird von Köln gegen Rechts scharf kritisiert. Das antifaschistische Bündnis wirft der Polizei „racial profiling“ vor. „Statt sich von einer sachlichen Lageeinschätzung leiten zu lassen, orientiert die Kölner Polizei ihr Vorgehen offenbar an dem Klischee „junger Mann + langes Gewand + Allahu Akbar = Gefahr“. Sie erklärt damit alle nicht-deutsch aussehenden jungen Männer zum Sicherheitsrisiko und diskriminiert sie durch Polizeiwillkür.“, so Rainer Krause, Sprecher des Bündnisses.

„Offenbar herrschen bei der Kölner Polizei noch dieselben rassistischen Denkmuster vor, wie während der skandalösen Ermittlungen zum NSU-Anschlag in der Keupstraße 2004.“, kritisiert Krause. Damals ermittelte die Kölner Polizei gegen Menschen ausländischer Herkunft, die Opfer des neonazistischen Anschlags wurden und ignorierte Hinweise auf rechte Gewalt.

Wenn im 70. Jahr des Grundgesetzes für die Kölner Polizei individuelle Grundrechte vom Aussehen und der Kleidung abhängig sind, hat die Stadtgesellschaft ein Problem.“,

stellt der Bündnissprecher fest. Köln gegen Rechts fordert den Polizeipräsidenten Uwe Jacob auf, den Vorgang innerhalb der Polizei aufzuarbeiten, sich für die Übergriffe seiner Polizeibeamt*innen bei den Opfern zu entschuldigen und die jungen Männer für das erlittene Unrecht zu entschädigen.

Das Bündnis kündigt an, auch weiterhin konsequent gegen Racial Profiling und Rassismus, Diskriminierung und Rechtsextremismus auf die Straße zu gehen.

Das Islambild der „Neuen“ Rechten

No Fame For The Old Game — Antifaschistische Veranstaltungsreihe im Sommersemester

Über das neurechte Unbehagen am Islam

Der Massenmord an Muslimen in Christchurch wirft erneut die Frage auf, welchen Stellenwert feindselige Einstellungen gegen Islam und Muslime in der Weltanschauung der Neuen Rechten spielen. Schließlich überschrieb der Terrorist seine Begründungsschrift mit der Parole vom „Großen Austausch“, die in Deutschland von der „Identitären Bewegung“ und angrenzenden neurechten Netzwerken propagiert wird. In dieser Strömung der extremen Rechten bestehen zum Islam scheinbar widersprüchliche Positionen. Zum einen verfolgt der „Ethnopluralismus“ das Ideal einer globalen Apartheid, die als Rechtfertigung für die gewaltsame Vertreibung von Muslimen dienen kann und dem Islam keinen Platz in Europa zubilligt. Zum anderen warnen einflussreiche neurechte Ideologen vor einer grundsätzlichen Ablehnung des Islams, der weithin als autoritäres Ordnungsmodell geschätzt wird. Muslime, die sich bewusst von „westlichen“ Lebensweisen abgrenzen, treffen häufig auf Anerkennung bei Neurechten. Dagegen erscheinen ihnen Muslime, die sich von der Religion lösen und dem Konsum frönen, als Produkte einer heillosen „liberalen“ Dekadenz, die Europa ins Verderben stürzt. Der Vortrag beschreibt die historischen und theoretischen Hintergründe dieser Vorstellungen und fragt danach, ob und inwiefern Begriffe wie Islamfeindlichkeit und antimuslimischer Rassismus in der Lage sind, die Ambivalenzen des neurechten Islambilds zu erfassen.

Matheus Hagedorny studierte Philosophie, Neuere Geschichte sowie Verfassungs-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte an der Universität Bonn, war Dozent am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin und Scholar-in-Residence des Institute for the Study of Global Antisemitism and Policy (ISGAP) an der Universität Oxford. Für das Mideast Freedom Forum Berlin und das Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus war er als Bildungsreferent tätig.

Montag, 29. April 2019 von 19-22 Uhr, TH Köln, Campus Südstadt, Ubierring 48